Geschichte der Ziegelei

 

Gründung

Die Ziegelei wurde am 20. Februar 1873 als "Trotha-Sennewitzer Actien Ziegelei-Gesellschaft" in das Handelsregister eingetragen. Es war ein Werk, das in zwei Orten firmierte: in Sennewitz und in Trotha, damals noch selbstständig (bis 31.12.1899). Zwischen beiden Werksteilen lag eine Ebene mit Ton, die spätere Tongrube. Der Trothaer Betriebsteil lag in der heutigen Angerstraße, der Firmensitz befand sich in Sennewitz. Beide Betriebsteile konnten über die mit Pappeln bepflanzte und 1859-1862 ausgebaute Kreischaussee gut erreicht werden. Eine günstige Bedingung für die Entwicklung der Ziegelei war kurz vorher in Betrieb genommen worden: Am 1. Oktober 1872 konnte die Eisenbahnstrecke von Halle nach Halberstadt ihren Betrieb aufnehmen, was einen wesentlichen Impuls für die hiesige Entwicklung darstellte, lag doch der Trothaer Betriebsteil unweit einer Bahnstation, die ebenfalls 1872 eingerichtet worden war. Später erfolgte für die Strecke der zweigleisige Ausbau (1894-1900).

Am 23. Juli 1873 trat erstmals die Generalversammlung zusammen:

  • Kaufmann Ludolf Schilling aus Halle (Aufsichtsratsvorsitzender)
  • Ziegeleibesitzer Carl Haedicke aus Trotha (Vorstand)
  • Gutsbesitzer Albert Haedicke (stellv. Aufsichtsratsvorsitzender)
  • Mühlenbesitzer Gotthilf Thielicke aus Sennewitz (Aufsichtsrat)
  • Gutsbesitzer Albert Reiche aus Sennewitz (Vorstand)

Die ersten Jahre

Der Betrieb war anfangs nicht sehr groß, 1875 arbeiteten in beiden Betriebsteilen zusammen nur 20 männliche Arbeiter, die mehr oder weniger als Saisonkräfte beschäftigt waren. Weil die Ziegel an der Luft getrocknet wurden, war die Produktion an entsprechende Temperaturen gebunden. Im Winter konnte wenig oder gar nicht gearbeitet werden. 1885 betrug die Arbeitszeit 10–11 Stunden, bei Hitze auch 12 Stunden. Das Werk verfügte von Anfang an über eine "Fürsorgewohnung", Einrichtungen zur Gesundheitsfürsorge und eine Unfallversicherung. Zum Transport der Steine hielt man zwischen 6 und 8 Pferden.

In den folgenden Jahren wuchs das Unternehmen. Belege dafür finden sich vielfältig. So ersetzte 1880 ein zweiter Ringofen vier Kasseler-Öfen (Einzelkammeröfen). Trotz dieser Investition konnte eine Dividende von 10 % gezahlt werden.

Auch der Bau eines Wohnhauses an der Chaussee für den Buchhalter Krumhaar (1882) ist ein Zeichen für gelungene Betriebsführung. Heute ist das Gebäude dem Verfall preis¬gegeben. Früher gehörte es zu den schönsten Häusern des Ortes, seine Erhabenheit ist nur noch zu erahnen. Das Haus war im Innern so fein hergerichtet, dass man sich die Schuhe ausziehen musste, wollte man es betreten. Das war damals so außergewöhnlich, dass dies noch 60 Jahre nach dem Auszug der letzten Ziegeleibesitzer in Gesprächen erwähnt wird!

Geschäftsführer

1885 bildeten erstmals Wilhelm Krumhaar und Gustav Kießling, beide aus Sennewitz, den Gesellschafts-Vorstand, Krumhaar wurde als Direktor ausgewiesen. Damit gelang Krumhaar der Aufstieg vom Buchhalter zum Direktor. Diese angesehene Position hatte er über 30 Jahre inne. An seiner Seite stand Felix Becker, ein Kaufmann aus Halle. Sie blieben bis zu ihrem Tod 1915 (Felix Becker) bzw. 1918 (Wilhelm Krumhaar) persönlich haftende Geschäftsführer. Nachfolger wurden Wilhelm Finke (Bruder des Gutsbesitzers Otto Finke) und 1920 Paul Hornig (Trotha), der 1933 auch die Ernennung zum Ziegeleidirektor (Geschäftsführer) erhielt.

Betriebsteil Trotha wird Schwerpunkt

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde v. a. der Trothaer Betriebsteil ausgebaut, da eine Erweiterung in Sennewitz nicht mehr möglich war. Eine neue Trocknungsanlage (1925), gebaut aus Teilen, die vorher in Sennewitz abgebrochen worden waren, kann ebenso dafür stehen wie die Vergrößerung der Arbeiterwohnbaracke (1928), der Neubau eines Transformatorenhäuschens (1928), die Erweiterung des Bürogebäudes (1935) und die Errichtung einer massiv gebauten Abortanlage mit Wasserspülung (1935) – alles in Trotha.

Der modernere Betriebsteil in Trotha wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Reparationsleistung demontiert. Der Sennewitzer Zweigbetrieb produzierte dagegen ab 1947 wieder. 60 % des Aktien¬kapitals hielten Personen in westlichen Besatzungszonen. Dadurch konnte keine Gesellschafterversammlung mehr einberufen werden.

Das Ende der Ziegelei

Am Donnerstag, 4. September 1958, brannte gegen 16.45 Uhr die Sennewitzer Ziegelei aus ungeklärten Umständen ab. Am 29.9.1958 beschloss der Rat der Stadt Halle zwar den Wiederaufbau, eine Produktionsaufnahme erfolgte in Sennewitz trotzdem nicht.

Allerdings begann am 2. Juni 1959 der erneute Betrieb im Werk Trotha. Das offizielle Ende der Trotha-Sennewitzer Actien-Ziegelei kam am 1.1.1976, als das Trothaer Werk dem VEB Ziegel zugeordnet wurde und seine Selbstständigkeit verlor.

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Letzte Änderung: Dienstag, 9. Juni 2009, um 20:09:52
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